26 August 2014

Über meine Dingeradingsden

Jubilate was auch immer - ich habe Jubiläum. Nicht mit meinem Blog oder meiner Geburt, nein. Mit meinen Dingeradingsden! "Was ist denn das?" werden sich jetzt einige Fragen. Jaaaa also: Wir hatten doch alle mal den Traum vom Tagebuch. Tiefgründig aufschreiben wie es einem geht und so weiter - wir haben es alle versucht und sind gescheitert (oder zumindest die meisten). Und auf genau diese Tagebücher möchte ich jetzt eine kleine Hymne schreiben, da mir das Thema inzwischen wirklich sehr am Herzen liegt. (Wer nicht so viel liest kann auch gerne zu meinem Fazit runter scrollen.)

Ziemlich genau vor einem Jahr habe ich von meiner Mama ein wunderschöne rote Buch geschenkt bekommen. Ein ganz normales Notizbuch eben, aber ich fand es zu schade für irgendwelche Kritzeleien und deswegen habe ich mir gedacht: Versuchs doch noch mal! Zu dem Zeitpunkt war ich, nicht unbedingt depressiv, aber doch ziemlich deprimiert. Immer schlechte Laune, keinen Bock auf nichts, auf die Welt schon gar nicht und sowieso ist doch alles Scheiße. Hm. Keine tolle Einstellung und daran wollte ich etwas ändern, "Selbsttherapie" so zu sagen. Also habe ich wieder mit dem Schreiben angefangen, genau mit dem Beginn der neunten Klasse und wollte eigentlich nur das Schuljahr bis zu den Sommerferien durchhalten. Um das Projekt am Laufen zu halten habe ich ihm aber einen anderen Namen gegeben. Eigentlich sollen es nur "Dings"e werden, aber dann habe ich bei meinen kleinen Geschwistern die Sendung vom "Kater mit dem Hut" gesehen und gedacht, "Dingeradingsda" klingt besser. Ist - meiner Meinung nach - ein sehr sehr schönes Wort.


Wie sich herausgestellt hat, war es ziemlich vernünftig von mir, zu genau dem Zeitpunkt mit dem Schreiben anzufangen, denn ich leide inzwischen unter extremen Gedächtnisverlust und außerdem hat sich in dem Jahr ziemlich viel geändert, aber das wusste ich ja damals noch nicht. Zum Anfang dieses Jahres kam es nur schwer aus mir raus - ich habe alle drei oder vier Tage mal geschrieben, manchmal eine ganze Woche nicht, aber ich hatte das Buch immer griffbereit auf meinem Nachttisch liegen und konnte so eigentlich immer sofort loslegen.

Mit der Zeit habe ich dann begonnen, über mich selbst nach zu denken. Warum ich so bin, wie ich bin und ob ich wirklich so sein will. Was man ändern könnte. Was ich ändern könnte. Und ich habe begonnen, das Ganze nicht als etwas zu sehen, was ich irgendwann lachend verbrenne - nein. Ich möchte, dass meine Dingeradingsden irgendwann mal von jemandem gelesen werden - etwas an die Nachwelt weitergeben so zu sagen. Mir ist es egal ob ich in zwanzig Jahren mutterseelenallein rum sitze und mein "früheres Ich" meine einzige Gesellschaft ist, ob meine Kinder die Bücher später mal lesen und sich schrecklich über mich lustig machen oder ob ich meiner Familie so irgendwie schon mal "Trost" aufbewahre, wenn mir irgendwann mal irgendwas passieren sollte. Hauptsache, sie werden gelesen. Ich liebe das Schreiben, seit ich schreiben kann und ich weiß, dass ich es nie schaffen werde, ein ganzes Buch, im Sinne eines Romans, zu füllen, weshalb meine Dingeradingsden auf irgendeine seltsame Art und Weise mein Lebenswerk sein werden bzw. sind.

Im letzten Jahr ist viel passiert. Meine Oma ist ein Pflegefall geworden und zwei Monate später gestorben, wovon ich sie einen Monat lang mitgepflegt habe. Viele liebe Menschen sind gestorben, manche wollten es selbst so und andere hat der Krebs oder Unfälle viel zu früh dahingerafft. Mein Blick auf die Welt hat sich verändert. Ich habe keine Angst vor dem Tod, weil ich fest daran glaube, danach in den Himmel zu kommen und mir kommt dazu immer nur ein Gedanke: "Du kommst ins Paradies, du bist bei Gott und all deinen Lieben - was kann einem Christen besseres passieren?". Ich sehe den Tod nicht als eine Strafe, sondern als eine Art Geschenk. Natürlich ist das Leben hier unten sehr lebenswert und für die Hinterbliebenen ist es immer sehr hart, wenn ein Mensch geht, aber trotzdem - man kommt zu Gott! Aber ich denke, da hat jeder eine andere Ansicht.

In der Zeit, in der ich jetzt schon in meine Dingeradingsden geschrieben habe, habe ich auch gelernt, mich selbst so zu akzeptieren, wie ich bin. Ich bin nicht so eine, die ständig rummeckert nach dem Motto "Ich bin so fett!" oder "Ich bin so hässlich!", denn ich bin übergewichtig und ziemlich altmodisch, ich trage keine schicken Klamotten und würde mich selbst, wenn ich mich auf der Straße treffen würde, nicht ausstehen können. Was ich aber lange nicht an mir akzeptieren konnte, ist mein Inneres. Ich wollte es nie wahr haben, dass ich Gefühle habe, dass ich mich verliebe oder um etwas trauere. Ich habe das alles immer so weit ausgeblendet, bis ich es nicht mehr gesehen habe. Ich wollte stark sein, ehrgeizig und zielorientiert. Ruhig und seriös. Aber manchmal muss man eben zurückfahren um anzukommen. ;-)

Wirklich wichtige Elemente, die das Leben lebenswert machen, sind - meiner Meinung nach - inzwischen nicht so Sachen wie gute Noten, Stärke und möglichst arrogantes Auftreten, sondern Dankbarkeit, Glaube und innere Stärke. Ich habe viele psychologische Macken und Schwächen, manche noch weniger schön als andere, aber ich habe gelernt, sie zu akzeptieren. Ich habe panisch Angst vor ziemlich vielem, ich fühle mich inzwischen oft von der Welt überfordert (wahrscheinlich, weil ich zu viel nachdenke), aber andererseits stärkt mich mein Glaube und an statt kreischend in irgendeiner Ecke zu hocken und zu bibbern sitze ich hier und schreibe diesen Text. Es tut gut, solche Sachen loszuwerden.

Mein Fazit aus diesem einen Jahr Selbstversuch:

Obwohl ich anfangs nur spöttisch auf die ganzen Tagebuch - schreibenden - Leute "hinunter geschaut" habe, gehöre ich inzwischen stolz zu ihnen und könnte gar nicht mehr anders. Das tägliche Wiederholen des Gesehenen, das Nachdenken über einen Selbst und dieses beruhigende Gefühl, meine Erinnerungen doch irgendwie zurück holen zu können möchte ich heute nicht mehr missen. Allen, die wie ich seelisch geistig doch etwas zerrüttet sind, kann ich das Tagebuch schreiben nur empfehlen, denn man will meist nicht unbedingt über all die Dinge, die im eigenen Leben falsch laufen, reden und ein Tagebuch ist da ein stiller Therapeut, der einem ruhig zuhört und einen allerhöchstens noch mal anstupst, wenn man sich selbst beschreibt, ob das denn wirklich die Art Mensch ist, die man sein will, denn das ist oft nicht so.

Ich bin dankbar dafür, wie mir meine Dingeradingsden die Augen geöffnet haben und das ich heute eine doch recht ausgeglichene Person bin. Mein Motto aktuell ist glücklich sein (wie ich ja auch schon im Happily Post geschrieben habe) und mein neuestes Projekt soll mir genau dabei helfen. (Wenn ein Selbstversuch klappt, warum nicht auch der nächste?!) Es handelt sich dabei um ein Dankbarkeitstagebuch, aber dazu gibt es dann nochmal einen Extrapost - auf jeden Fall einen Versuch wert.

Schreibt ihr auch Tagebuch (oder sowas ähnliches) und interessiert euch das Thema?


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