Ruf der Dämmerung

Mit eines der ersten Bücher, die ich 2015 gelesen habe, war "Ruf der Dämmerung" von Sarah Lark. Als ich das Buch zuerst in der Hand hatte, war ich geteilter Meinung - es hat halt einfach dieses typische "Frauenroman" Aussehen. Ein Frau bzw. ein Mädchen, von hinten fotografiert, mit dramatischem Blick in die Ferne und ein geschwungen geschriebener und noch dramatischerer Titel. Der Klappentext hat es nicht grade besser gemacht, nach dem Motto "unmögliche, verbotene Liebe" usw., aber irgendwie war ich kurz nach Neujahr an dem Punkt, an dem ich mir gedacht habe: Was solls - und habe angefangen zu lesen.

Die Hauptperson des Buches ist Viola. Sie kommt aus Deutschland, liebt Fantasy-Videospiele und ist eigentlich so überhaupt kein Outdoor-Mensch. Als ihre Mutter jedoch ein Jobangebot in den USA bekommt muss sie für ein halbes Jahr zu ihrem Vater und seiner neuen Frau nach Irland ziehen - mitten aufs Land. Dort lebt sie dann auf einem Campingplatz, mitten in den Bergen an einem mysteriösen See - und da sie keine Internetverbindung hat und ihre Stiefmutter ein echtes Miststück ist und obendrein noch schwanger, wird sie, ganz plötzlich, doch noch zum Naturliebhaber und Vogelbeobachter - oder zumindest so fast. In Irland lernt sie viele neue Leute kennen und auch diesen mysteriösen Jungen, der irgendwo in den Bergen zu leben scheint. Doch Ahi, denn so heißt er, ist nicht, wie sie erst vermutet hatte, ein Tinker, sondern ein Kelpie - halb Mensch, halb Pferd und vor allem sehr friedliebend. Die beiden vergucken sich schnell ineinander, müssen dann jedoch auch die Nachteile einer solchen Beziehung erfahren. So viel nehme ich vorweg: Es gibt kein Happy End.

Was mich sehr überrascht hat, war der Schreibstil des Buches. Sarah Lark richtet die Geschichte eindeutig an ein jüngeres Publikum, was für mich etwas unerwartet kam und dementsprechend ist auch die Sprache. (" 'Bill ist Ainnés Vater, nicht?', erkundigte sie sich. Patrick nickte. Viola seufzte. Noch ein Mitbewohner, mit dem sie sich arrangieren musste. Aber wenigstens Patrick war nett.") Es mag zwar mancher Leutes Sache sein, aber durch Autoren wie John Green, Markus Zusak oder Walter Moers bin ich wahrscheinlich sprachlich etwas verwöhnt und findet diese sehr einfache Ausdrucksweise etwas unpassend für ein Buch. Aber in Anbetracht der eigentlichen Zielgruppe (schätzungsweise 10 - 14) ist das natürlich verständlich. Als ich an dem Punkt angekommen war, an dem ich eigentlich gar nicht mehr weiterlesen wollte, war ich auf Seite 50. Und mein Problem ist, dass ich, wie schrecklich das Buch auch sein mag, immer unbedingt wissen will, wie es weitergeht. Also habe ich die restlichen 350 Seiten auch noch gelesen und war dann um eine Erfahrung reicher - dass ich so ein Buch nicht noch mal lesen muss. Es ist nicht schlecht, aber einfach nichts für mich. Dramatische Liebesgeschichten sprechen mich noch weniger als Sachbücher über peruanische Fußballclubs. Allerdings muss ich sagen, dass das Buch sehr viele interessante Fakten über Irland und irische Fabelwesen, besonders eben die Kelpies, beinhaltet, weswegen ich es eben doch ganz nett fand. *Irlandfanatiker am Start.*

Empfehlen würde ich das Buch an Mädchen zwischen 10 und 14 Jahren, die sich für fantastische Liebesgeschichten interessieren und die ganzen ausgeblichenen Vampire, die inzwischen in jedem Buch auftauchen, satt haben. Natürlich ist es auch für Irlandliebhaber gut geeignet, man sollte jedoch vor dem Lesen beachten, dass es sich nicht um ein Buch über Kelpies mit Liebesgeschichte nebenbei, sondern um eine Liebesgeschichte mit Kelpie- und Irlandfakten nebenbei, handelt. Aber vielleicht ist ja noch jemand auf der Suche nach einen Geschenk für seine kleine Schwester, eine Cousine, Nichte oder, oder, oder ... mir würden auf Anhieb drei Leute einfallen, denen das Buch gefallen würde und ich denke, selbst lese faule Teenager werden der Geschichte etwas abgewinnen können.




P.S.: Thema Bücher und 2015: Hier (*klick*) habe ich auf meinem Blog eine neue Seite angefangen. Ihr findet dort eine Liste mit allen Büchern, die ich bis jetzt im Jahr 2015 gelesen habe. Falls vorhanden werde ich auch immer meine Rezension dazu verlinken und ansonsten kann man daran auch schön verfolgen, wie viele Bücher ich im gesamten Jahr gelesen habe. (Ich konnte die Zahl dazu bis jetzt nämlich nur schätzen und möchte mal was richtiges.) Wer also Interesse hat ...